Rente sorgt für emotionale Diskussion

Rente sorgt für emotionale Diskussion

Rente sorgt für emotionale Diskussion

In der Schwäbischen Zeitung Biberach berichtete Gerd Mägerle am 24. Januar:

Bei einer Podiumsdiskussion des DGB spüren Politiker auch den Frust der Bürger

Diskutierten über das Thema Rente: (v. l.) Martin Gerster, Josef Rief, Jendrik Scholz und Anja Reinalter. (Foto: Beyda Durak)

Die Sorge um die finanzielle Situation im Alter treibt auch die Menschen im scheinbar wohlhabenden Landkreis Biberach um. Deutlich wurde dies am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Wie weiter mit der (Grund)Rente?“ in Biberach, die vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) veranstaltet wurde.

Auf dem Podium im Erzbergersaal des Gasthofs „Grüner Baum“ hatten die hiesigen Bundestagsabgeordneten Josef Rief (CDU) und Martin Gerster (SPD) sowie Grünen-Kreisrätin Anja Reinalter und Jendrik Scholz (DGB) Platz genommen. Der DGB hoffe, dass der Gesetzesentwurf zur Grundrente das Kabinett erreiche, meinte Scholz. „Dass es eine Grundrente braucht, ist grundsätzlich keine positive Angelegenheit. Wir unterstützen das aus der Not heraus.“ Notwendig sei die Grundrente aber, weil die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung nachgelassen habe. Gründe dafür seien ein politisch gewollt sinkendes Rentenniveau, eine Vielzahl prekärer Arbeitsverhältnisse, eine Krise der betrieblichen Altersversorgung und der Riesterrente, so Scholz.

Gerster, Rief und Reinalter sprachen sich grundsätzlich für die Grundrente aus. Während Gerster in der Finanzierung der ein bis drei Milliarden Euro, die es dafür zusätzlich braucht, kein Problem sieht, ist dies für Rief ein neuralgischer Punkt („Am Ende muss es der Bürger über Steuern finanzieren“). Ebenso macht er sich für eine Vermögensprüfung der möglichen Bezieher einer Grundrente stark. Dies führe sonst zu neuen Ungerechtigkeiten. Martin Gerster und Anja Reinalter hingegen sprachen sich für eine möglichst unbürokratische Grundrente aus. „Wir müssen das Thema mehr von den Betroffenen aus denken und weniger davon, was es kostet“, meinte Reinalter.

Beim Thema Rente im Allgemeinen plädierte die Grünen-Kreisrätin für eine Bürgerversicherung, in die möglichst viele einzahlen sollten. Außerdem brauche es eine Erhöhung des Mindestlohns und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um mehr Frauen in geregelte Arbeit zu bringen.

Rief schlug vor, beim Thema Rente die betriebliche Altersversorgung besserzustellen und die private Vorsorge zu stärken, unter anderem durch Schaffen von eigenem Wohnraum.

Die gesetzliche Rentenversicherung sei zwar nicht perfekt, trotzdem werbe er dafür, sagte Gerster. Dieses System müsse man stärken durch gute Löhne und Gehälter, eine starke Tarifbindung, den Ausbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und eine stufenweise Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro. Auch Selbstständige und weitere Berufsgruppen sollten in die Rentenversicherung einzahlen. Es brauche eine Bürgerversicherung, die das starke Gefälle zwischen Beamtenpensionen und Arbeitnehmerrenten abschmelze, so der SPD-Politiker. Von einem Renteneinstiegsalter mit 70 Jahren halte er nichts.

DGB-Mann Scholz sprach sich für eine Bürger- und Erwerbstätigenversicherung aus. Josef Rief sah dies skeptisch. Die Rechnung einer Bürgerversicherung bezahle die künftige Generation.

Aus Reinalters Sicht müsse man die Beamtenpensionen kritisch in den Blick nehmen. Zusammen mit der gesetzlichen Rentenversicherung habe man hier zwei Systeme, die sich gegenseitig das Wasser abgraben, so die Grünen-Politikerin.

Wie sehr die Menschen das Thema umtreibt und wie viele andere Themen mit der Rente zusammenhängen, spiegelten die Reaktionen der knapp 30 Besucher der Diskussion wider. Viele Berufstätige seien schon heute nicht mehr in der Lage, bis zum bald geltenden Renteneintrittsalter von 67 Jahren zu arbeiten. „Und wenn ich die Unterschiede zwischen Renten, Beamtenpensionen und den Pensionsansprüchen der Bundestagsabgeordneten sehe, dann schwillt mir der Kamm“, machte einer der Besucher seiner Wut Luft. Man könne nicht Wasser predigen und selbst Wein trinken, sagte er an die Adresse der Abgeordneten.

Nicht jeder könne sich eine Immobilie als Altersvorsorge leisten, reagierte ein Besucher auf den Ratschlag des CDU-Abgeordneten. „Dazu müssen erst einmal die befristeten Arbeitsverhältnisse und die Leiharbeit weg, sonst bekommt ein junger Arbeitnehmer auf der Bank ohnehin keinen Kredit.“ Ganz ohne befristete Beschäftigungsverhältnisse werde es aber nicht gehen, sagte Rief. Es gehe auch um eine Umverteilung, meinte Gerster. Dazu gehöre die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der Steuerzahler und die SPD-Forderung nach einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die auch Reinalter begrüßen würde.

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